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Paddeln um Korsika 2014
mit Klepper Langeiner
© Bilder und Text Klaus Goerschel
Teilstrecke 2
Solenzara - Ajaccio
10 Paddeltage, 201 km
9. Paddeltag 22 km
Montag 12.5. Flugplatz Solenzara – Camping Fautea
Der Wind hat mit 3 Stärken auf Ost gedreht. Wir frühstücken alle gemeinsam. Es kostet mich einige Überwindung bei eintönigem Himmelsgrau und hohen Wellen auf die See hinaus zugehen. Die gastliche Atmosphäre hält mich natürlich auch zurück. Aber ich muss weiter und breche 10 Uhr auf.
Trotz der großen Steine am Ufer und der Brandung komme ich ziemlich gut weg.
Wenig später dreht der Wind auf Nord mit 3 bis 4 Windstärken. Schnell baut sich eine hohe See auf und schiebt mich nach Süden. In Tarcu gehe ich an Land und frage einen alten Herrn nach einem Zeltplatz.
Er empfiehlt mir den Campingplatz in Fautea. Wir kommen noch weiter ins Gespräch und ich freue mich, dass diese Unterhaltung auf Französisch so gut geklappt hat.
Der gute Nordwind begleitet mich auch weiterhin.
Obwohl ich schon 16 Uhr die Bucht von Fautea erreiche, beschließe ich, hier den Paddeltag zu beenden. Der Wirt eines Campingplatzes auf einer Anhöhe weist mir einen kleinen geschützten Platz direkt an der Abbruchkante zum Strand hinunter zu.
Ich bin begeistert. Bis 19 Uhr renne ich vom Strand hinauf zum Campingplatz und zurück, bis ich das Zelt, alle Beutel und den Kocher zu mir hinaufgebracht habe.
In meinem kleinen Campinghorst koche ich mir eine warme Nudelmahlzeit und genieße den Blick auf den Strand. Ich bin hier gut windgeschützt, profitiere aber auch davon, dass der Wind grundsätzlich zum Abend nachlässt.
Noch einmal lasse ich den Tag revuepassieren und mir wird klar, dass ich heute seit Solenzara das weite Küstenflachland hinter mir gelassen habe. Nun gibt es auch hin und wieder Kiesstrände und die Küste ist nicht nur flach sondern leicht felsig. Hier kann ich nicht überall anlegen, sondern muss auf unter dem Wasser liegende Felsen achten. Mit diesen Gedanken lege ich mich zur Ruhe und bin gespannt auf die Buchten und Felsen, die mich nun an der Ostküste erwarten. Denn viele Korsen haben mir gesagt, je weiter du nach Süden kommst, desto interessanter wird die Landschaft.
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10. Paddeltag 24 km
Dienstag 13.5. Camping Fautea – Bucht von Caratagio
Anlandung gegenüber Ile de Farina
Die Nacht war ruhig. Gut ausgeruht und voller Elan stehe ich 6.30 Uhr auf und beginne sofort mit dem Packen. Ohne zu frühstücken schleppe ich die Säcke zum Boot hinunter. Die morgendliche Gymnastik tut gut. Die Sonne brennt zwar schon wieder unbarmherzig, was man durch die Windstille umso mehr empfindet, aber es hat über Nacht etwas abgekühlt. Auch die See ist ruhig, sodass ich guter Hoffnung bin heute wieder ein gutes Stück nach Süden zu kommen.
Bester Stimmung gehe ich zum nahe gelegenen Strandrestaurant, um in aller Ruhe und ausgiebig zu frühstücken. Bis 11 Uhr halte ich es aus, aber dann raffe ich mich doch noch auf und lege kurz nach 11 Uhr bei leichter Brandung und frischem Nordostwind vom Strand ab.
Auf blauer See paddle ich mit dem Nordost im Rücken zügig nach Süden. Ich visiere ein Kap nach dem anderen an und halte schließlich auf den Genueserturm der Insel Pinarello zu. Ich komme phantastisch voran und ohne mich lange aufzuhalten peile ich gleich die Kaps Pilatogu, Capicciola und letztlich (Ciprianu) an. Ich kann also bestens zufrieden sein, wenn nur nicht diese komische Wolke über mir gewesen wäre. ‚Anfangs war sie zart und duftig, aber nun ist sie immer dunkler geworden und mir scheint es sogar, als sinke sie unaufhaltsam auf das Meer.
Beim Kap Capicciola peile ich gleich direkt das Kap Chiappa an. Ist es wirklich dieses Kap oder vielleicht doch nur das Kap Ciprianu? Ich kann es nicht so genau sagen. Jedenfalls habe ich eine Seestrecke von 5 bis 6 km vor mir. Nach einer knappen Stunde hatte ich ca. 3 bis 4 km hinter mir und will mich ernsthaft davon überzeugen, ob ich nicht doch schon die Bucht von Porto Vecchio quere. Komisch, dass ich nicht ein Boot oder Schiff in diesen ziemlich großen Trichter ein oder ausfahren sehe. Ich müsste doch Porto Vecchio aus dieser Entfernung erkennen.
Ich rätsele also noch herum, als ich bei meinen angestrengten Bemühungen Porto Veccio zu erkennen, plötzlich einen weißen Streifen über dem Meer liegen sehe, der mich sofort an die seltsamen Wellenwände eines Tsunamis erinnert. Erschrocken steuere ich mein Boot sofort direkt in die Richtung dieser weißen Wand. Es ist die Frontwelle eines Sturmes., die unerbittlich auf mich zu rast. 2 m hoch oder höher! Ich fasse mein Paddel fest, da überrollt mich schon eine riesige Gischt bis über den Kopf. Die zweite Woge ist schon etwas niedriger, geht aber immer noch vollständig über das Boot hinweg.
10 Minuten lang versuche ich in diesem Getöse die Richtung senkrecht gegen die Wellenfront und Stabilität des Bootes zu halten. Dann lässt der Sturm allmählich nach. Im Laufe einer guten Stunde komme ich dem Kap näher und bin unendlich erleichtert, als ich den Windschatten der massiven Felswand des Kaps Chiappa erreiche. In einer winzigen Bucht, in der ich nicht einmal an Land gehen konnte, ruhe ich mich aus.
Im Windschatten der großen Halbinsel paddele ich dann weiter südwärts in die kleine Bucht Bona Matina hinein. Zu spät merke ich, dass ich mitten im Naturistenzentrum bin und fahre gleich weiter die Felsküste südwärts entlang.
Gegenüber der Insel Farina ist das Meer so himmlisch schön mit türkisblauem Wasser und weißem Sand, dass ich ernsthaft überlege hier mein Zelt aufzuschlagen.
Aber ein nahe gelegener Pfad zeigt mir an, dass der Strand häufig begangen ist. Also paddele ich weiter bis zur Bucht Carataggio. Womit ich nicht gerechnet habe, ist der düsenartige Wind, der aus der Bucht herausfegt, sodass ich sie nicht einmal queren kann. Wieder muss ich Paddelschlag um Paddelschlag kämpfen. Am Ende der Bucht sehe ich einen Naturisten nervös am Strand hin und her laufen. Ich weiß, was er mir sagen will, aber ich kann nicht mehr ausweichen und paddle auf den Strand zu.
Für Naturisten gibt es nichts schlimmeres als angezogene Menschen, die in ihr Reich eindringen. Dabei hatte ich mir vorgenommen, an solcher Art Stränden selbst den Naturisten zu spielen.
Der Naturist hat den Strand verlassen , da baue ich in aller Ruhe mein Zelt auf. Der Sturm lässt nach. Ich koche mir auch ein Essen und atme die herrliche Luft, die hier nach Kräutern riecht in mich hinein. Hier hätte ich auch zwei Wochen bleiben können, wenn ich sicher gewesen wäre, die Bucht hätte nur mir ganz allein gehört.
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11. Paddeltag 20 km
Mittwoch 14.5. Bucht von Caratagio – Bucht von Rondinara
Ruhige und erholsame Nacht verbracht. Als ich 7 Uhr morgens schweren Herzens aufstehe, ist mein erster Gedanke, hier einfach zu bleiben. Doch ich weiß, dass dieser Strand tagsüber von vielen Menschen, hier meist Naturisten, besucht wird. So frühstücke ich noch in aller Ruhe, genieße die Wärme und schaue auf das blaue Meer in die Ferne, bevor ich aufbreche.
Aber 10 Uhr ist es so weit, ich steche in See. Leider muss ich gleich gegen einen kräftigen Ostwind anpaddeln.
Nach gut einer Stunde liegt die Palombaggia Bucht vor mir und irgendwie treibt es mich, einen Kaffee zu trinken. Kaum habe ich mich dem Strand auf Rufweite genähert, da sehe ich Evi winkend auf meine Landestelle zu laufen. Soviel Zufall kann es doch gar nicht geben. Aber ja, es sind Hanspeter und Evi, denen ich hier an Korsikas Küste zum dritten Mal begegne. Wir freuen uns alle unbändig und wissen diesen herrlichen Zufall zu schätzen.
Wieder haben wir viel zu erzählen. Sie bieten mir wieder an bei ihnen zu zelten, aber diesmal ist es noch zu früh und so werde ich weiter ziehen.
13 Uhr breche ich nach einer herzlichen Verabschiedung wieder auf und paddle zielstrebig aber nicht ohne Sorgen auf das Kap Colombara zu. Denn unübersehbar ziehen von Westen dunkle Wolken auf und der Wind dreht auf Westsüdwest mit ca. 5 Windstärken. Nach fast 3 Stunden harter Paddelei erreiche ich endlich das Kap der Halbinsel Rafaello. Doch hier gibt es keinen Schutz. Noch ein Stück weiter in einer kleinen Bucht gehe ich an Land. Am liebsten würde ich hier bleiben, wenn es auf dem Kiesstrand ein einigermaßen gerades Fleckchen für mein Zelt gäbe.
Der Wind lässt zwar etwas nach, trotzdem erreiche ich das Kap Rondinara nur mit Müh und Not. An der Nordküste finde ich nach kurzer Suche einen groben Kiesstrand wo ich mein Zelt aufbauen kann.
Den Kies-Platz zum Zelten muss ich leider erst mit dem Klappspaten begradigen. Eine windstille Kochstelle finde ich erst nach längerem Suchen und Testen. Aber ich habe ja Zeit und fühle mich hier sicher. Zum Abendessen gibt es gebratene Eier mit Paprikawurstscheiben.
Als dann abendliche Ruhe einkehrt wird es bitter kalt. Ich ziehe alle Sachen an, die ich habe. Wie üblich um diese Zeit liegt die See ruhig vor mir. Mir geht der Tag noch einmal durch den Kopf. Paddeln bei echtem Gegenwind ist ab Windstärke 3 uneffektiv und ab Windstärke 4 nicht mehr sinnvoll möglich. Man tritt auf der Stelle und wenn noch eine ungünstige Strömung dazu kommt, kann es gefährlich werden. Also an Felsküsten muss ich vor der Fahrt aus den Karten herauslesen, wo eine Sandbucht ist, um bei ungünstigem Wind Unterschlupf zu finden.
Diese Nacht wickele ich mich in einen Fleece- und einen Daunen-Schlafsack ein. So kann ich die kalte Vollmondnacht gut überstehen. |
12. Paddeltag 7 km
Donnerstag 15.5 Bucht von Rondinara – Golf von Amanza,
Plage de Canetto südlich
Nach der kalten Nacht warte ich bis die Sonne mein Zelt aufgewärmt hat und stehe erst 8.30 Uhr auf. Ich schaue über die Bucht. Es ist ein herrlicher Morgen unter strahlend blauem Himmel. Das Meer liegt tiefblau in völliger Ruhe vor mir und die Felsen leuchten in der Sonne karmesinrot auf. Es ist windstill aber ziemlich frisch! Auch genieße ich es kurze Wege zum Boot zu haben.
Ich frühstücke noch in Ruhe und sonne mich ein wenig, bevor ich das Boot packe. Heute kann ich in aller Gemütlichkeit in das Boot steigen, denn es gibt nicht die geringste Brandung. Das habe ich auch noch nicht erlebt. Hoffentlich bleibt mir dieser Zustand lange erhalten. Ich würde mir nämlich wünschen heute bis in die Nähe von Bonifacio zu kommen.
Es läuft gut! Mit kräftigen Paddelschlägen erreiche ich schnell das Kap Rondinara. Aus der Ferne leuchtet mir schon das Kap Capicciolu in der Morgensonne entgegen. Ca. 5 km muss ich noch paddeln und das könnte ich bei ruhiger See in einer Stunde schaffen. Aber nach der Erfahrung des gestrigen Tages entschließe ich mich, keine volle Kraft zu paddeln und außerdem etwas mehr in Küstennähe zu bleiben, denn das Wetter könnte sich schon in kurzer Zeit ändern.
Ein weiser Entschluss wie sich schon kurze Zeit später zeigt. Gegen 11 Uhr frischt der Wind von Osten auf. Mein Ziel Kap Capicciolu zu erreichen, gebe ich sofort auf und paddle mit dem Nordostwind Stärke 4 in Küstennähe in den Golf von St. Amanza hinein. Aber dann geschieht es. Auf der Höhe des Strandes von Balistra dreht der Wind auf West und weht mir mit ca. 3 Windstärken entgegen. Die See kabbelt. Wieder muss ich mich ins Zeug legen, aber als ich spüre, dass ich nicht so stark wie gestern bin, steuere ich sofort den südlichen Teil des Balistrastrandes an.
Ich lande an und ehe ich mich versehe, ziehen von Westen dunkle Gewitterwolken auf. Im Nu ist der Himmel über der See wolkenverhangen und es fängt an, in dicken Tropfen zu regnen. Ich hocke mich unter meinen großen Regenschirm und lasse Gewitter und Regen über mich ergehen.
Eine Stunde später dreht der Wind wieder auf Ost, die Wolken verziehen sich und die Sonne kommt wieder durch. Ich hole mir ein paar Kekse und strecke mich auf einer einigermaßen trockenen Stelle lang um ein wenig die Augen zu schließen. Als ich wieder aufwache müsste ich eigentlich weiter ziehen. Aber irgendwie zögere ich die Zeit hinaus, erkunde auch noch das Landesinnere und gebe schließlich 17 Uhr den Gedanken an Weiterfahrt auf.
Also suche ich mir ein Plätzchen für das Zelt. Die Sachen kommen zum Trocknen auf die Zweige eines angeschwemmten Baumstammes. Zum Abendessen gibt es mal wieder zur Abwechslung Nudeln aus der Tüte.
Gegen 18 Uhr beruhigt sich das Meer als wäre nichts gewesen und so genieße ich die abendliche Stille.
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13. Paddeltag 12 km
Freitag 16.5. Golf von Amanza – Plage de Piantrarella,
Camping Les Iles
9 Uhr lege ich vom Plage de Canetto bei fast spiegelglatter See und Windstille ab.
Erst paddele ich am Strand entlang auf den steilen weißen Felsen Focchi Bianci zu. Dann peile ich die Plage des Tamaris auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht an. Schon bald erhebt sich ein frischer Südost mit 3 Windstärken, sodass ich mit diesem Wind im Rücken Tamaris aufgebe und sofort auf das Kap Capicciolu zu paddle. Punta di Capicciolu kann ich noch gut umrunden, aber der nachfolgende Kurswechsel auf Südwest beschert mir sofort heftigen Gegenwind.
Als ich dann noch einen gewissen Gegenstrom spüre wird es kritisch. Ich komme nur noch mit 1 bis 2 km in der Stunde voran, obwohl ich ziemlich dicht unter Land fahre und kräftig paddle.
Es ist bereits 2 Uhr Nachmittags, als ich endlich eine Sandbucht hinter Cala Longa erreiche und ohne große Brandung anlegen kann. Die Bucht liegt sehr geschützt, aber zwischen den Lavezzi Inseln und der Küste düst ein starker West durch die Straße von Bonifacio, sodass das Meer von weißen Gischthauben bedeckt ist.
Ich gehe an Land, um sofort genauer nach dem Campingplatz Ausschau zu halten. Ein paar Schritte oberhalb des Strandes gibt es eine größere Holzterrasse und einen überdachten Unterstand. Eine französische Familie macht hier Picknick. Sie haben mich schon lange beobachtet und ein älterer Mann im gelben Hemd kommt mir entgegen. Er fragt mich, wo ich herkäme und ist von meiner Tour beeindruckt. Der Herr erklärt mir auch, dass die Straße in einigen Kilometern auf einen Campingplatz führe. Auch warnt er mich eindringlich einfach so nach Bonifacio zu paddeln, da gäbe es für mich keine Anlegemöglichkeiten sondern nur Steilküste und meistens heftigen Gegenwind.
Der Schwiegersohn macht noch ein Foto von uns und dann verspeise ich mit großem Genuss das Baguette mit dem gekochten Schinken, das mir die Frau noch schnell in die Hand gedrückt hat.
Ich bin happy über diese Begegnung und bleibe noch eine gute Stunde am Strand, um das Meer, die schöne Bucht und den warmen Wind zu genießen.
Ohne eine genaue Vorstellung wie es weiter gehen solle, mache ich mich auf den Weg zum 4 km entfernten Campingplatz „Des Iles“. Das Boot decke ich ab und lasse es am Strand liegen.
Auf einer geschotterten Pistenstraße, von der aus ich einige wunderschöne Ausblicke auf die Inseln, die Straße von Bonifacio und die Berge von Sardinien habe, geht es parallel zur Küste bis zum Parkplatz der Bucht Piantarella. Diese Bucht scheint ein Paradies für Windsurfer auch mit Paragleitschirm zu sein.
Von dort aus ist es nur noch 1 km auf gut asphaltierter Straße bis zum Campingplatz "Des Iles". Der Campingwart ist sehr freundlich und bietet mir an, mein Boot mit dem Auto hierher zu transportieren. Ich bin hoch erfreut und wir fahren mit einem Pickup zum Strand, um Boot und Packsäcke zu laden. Auf dem Heimweg stehe ich auf der Ladefläche und muss dass Boot festhalten.
Ich bin heilfroh, als wir vor den Sanitäranlagen Halt machen und Boot und das ganze Gepäck abladen. Eine große Ruhe kommt über mich.
Ich baue mein Zelt auf und koche mir etwas zu essen. Dann setze ich mich auf eine Bank und genieße das Gefühl der Geborgenheit und freue mich auch morgen einen Ruhetag zu haben.
Außerdem bin ich gespannt, die Stadt Bonifacio, von der ich schon so viel gehört hatte, endlich zu sehen und zu erleben. Hier wartest du so lange, bis du durch die Straße von Bonifacio paddeln kannst, sage ich mir und gehe mit einem guten Gefühl zu Bett. |
3 Wartetage Camping Les Iles
Sonnabend, Sonntag, Montag
Immer noch ist es sehr windig und kühl und so bin ich froh, hier geschützt zu liegen. Es stellt sich außerdem heraus, dass trotz der 4 km Entfernung dies der nächstgelegene Campingplatz von Bonifacio ist, der berühmten Stadt auf den Felsklippen, die ich mir ohnehin genauer ansehen wollte. So entscheide ich mich gleich am Sonnabend schon nach Bonifacio zu laufen. Meine Schweizer Nachbarn, die sich außerordentlich für mein Kajak interessieren, bieten mir an, mich im Campingbus bis nach Bonifacio mitzunehmen. Um die Klippen von Bonifacio besser ins Bild zu bekommen, machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Leuchtturm.
Bonifacio und sein Hafen liegen sehr geschützt, sodass hier nur ein leichter Wind weht. Der Himmel ist strahlend blau und die allgemeine Urlaubsstimmung greift auch auf mich über, da ich heute nichts zu leisten und zu bewältigen habe. Ohne Frage ist Bonifacio eine der malerischsten Städtchen am Mittelmeer. Wie eine kleine Festung, die vom Meer uneinnehmbar war, thront sie auf den Klippen. Ich gehe die steile Treppe zum Meer hinunter und bin unwillkürlich daran erinnert, wie Fischer hier ihren Fang zur Stadt hinauf geschleppt haben oder die Einwohner von Bonifacio vor Feinden zum Meer hinab gestiegen sind , um mit ihren Booten zu fliehen.
Gegen 17 Uhr mache ich mich beladen mit Muscat-Wein, Heineken-Bier, Schweine Koteletts, Äpfel und Bananen, Salat, Tomaten, Gurken und Zwiebeln auf den Heimweg zu meinem Campingplatz.
Am Abend wird es in der Straße von Bonifacio unnatürlich windstill. Ich hätte es mir nicht vorstellen können und weiß im Augenblick auch nicht wie ich es einschätzen soll. Doch dann kommt ein Wind auf. Hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt morgen meine Tour fortzusetzen , so denke ich nun nicht weiter darüber nach.
7 Uhr morgens kräftiger Ostwind. Ich frühstücke ausgiebig mit Brot, Salami und einer Tasse heißen Capuchino. An der Rezeption erfahre ich, dass der Ostwind an den Tagen Mo, Di, Mi, Do bis auf 55 km die Stunde zulegen wird. Erst Freitag soll er nachlassen. Ich bin ziemlich deprimiert.
Habe wieder nette Campingnachbarn. Sie sind mit einem Landrover Defender in den Bergen Korsikas auf Pisten unterwegs. Bei einer Tasse Kaffee unterhalten wir uns angeregt über Geländewagen und das Kajakfahren. Sie nehmen mich auch nach Bonifacio mit, sodass ich mal das typische Defender Fahrgefühl kennenlerne. Ich kaufe noch ein bisschen ein, schaue mir auf der Capitainerie den neuesten Wetterbericht an und laufe auf den Klippen des Küstenwanderweges wieder zum Zeltplatz zurück.
In der Piantarella Bucht herrscht ein kräftiger Ostwind, den die Windsurfer mit Paragleitschirm nach allen Regeln der Kunst nutzen. 17 Uhr treffe ich bei leichtem Regen wieder in „Les Iles“ ein. Vorsichtshalber baue ich mein Tarp über das Zelt. Ich bin mir sicher, dass ich morgen noch nicht aufbrechen werde.
Meine Nachbarn Gerd und Birgit nehmen mich noch nach Bonifacio mit. Mein erster Gang gilt gleich der Capitainerie und dort dem Computer mit der Wetterkarte. Kein Regen für morgen und wenig Wind. Wie ein Schauer kommt es über mich und ich sage mir: Morgen brichst du auf.
Diesmal halte ich mich nicht lange in dem wolkengrauen Bonifacio auf, sondern laufe umgehend auf dem Küstenpfad zum Zeltplatz zurück. Aber welche Enttäuschung, es beginnt, kurz bevor ich mein Zelt erreiche, zu regnen. Ich lege mich deprimiert ins Zelt und schlüpfe sogar in den Schlafsack, weil es auch empfindlich kalt geworden ist.
Später esse ich noch etwas und fasse trotz Kälte und Regen den Entschluss morgen früh aufzubrechen. Den Campingwart informiere ich, mein Kajak morgen früh 8 Uhr zum Strand zu bringen. Er schaut mich fragend an, aber ich zücke schon die Geldbörse, bezahle die bisherigen Übernachtungen und bitte ihn pünktlich zu sein. Er streicht das Geld ein, sagt nichts mehr und nickt nur. |
14. Paddeltag 24 km
Dienstag 20.5. Plage de Piantrarella – Bucht von Chevanu
Voller Erwartung auf den morgigen Tag habe ich die Nacht unruhig geschlafen. Immer wieder ging es mir durch den Kopf: „Durch die Straße von Bonifacio!“ Was habe ich darüber schon gehört und gelesen. In den Revier- und Küstenhandbüchern für Segler wird vor dieser Passage zwischen Korsika und Sardinien eindringlich gewarnt. Die Düsenwirkung zwischen den beiden Inseln, die vor allem durch die hoch aufsteigenden Berge verursacht wird und das sowohl bei West- als auch bei Ostwind, sorgt für hoch brechende Wellen, die natürlich in der Nähe der Felsenklippen am gefährlichsten sind.
Als ich 6 Uhr morgens aufwache, ist der Himmel bedeckt und es herrsche eine bleierne Atmosphäre ohne jeglichen Wind. Das sind gute Zeichen für den Moment. Voller Elan packe ich alles zusammen und tatsächlich kommt der Campingwirt kurz nach 8 Uhr. Schnell laden wir auf und dicht am Strand wieder ab. Ich kann diesen Campingplatz hinsichtlich Sauberkeit und Zuverlässigkeit nur empfehlen. Am Strand der Piantrarella Bucht packe ich mein Boot so schnell wie möglich und lege 9 Uhr ab.
Kaum bin ich auf dem Wasser erhebt sich ein leichter Ostwind. Am Kap von Sperone frischt er ordentlich auf und schiebt mich gut auf Bonifacio zu. Die Wellenentwicklung ist mäßig und so paddle ich mit aller Kraft um das Kap. Die Wolken über mir sind zerrissen und sehen manchmal nach Regen und manchmal nach Sturm aus.
Nur ein Gedanke beseelt mich, ich muss so schnell wie möglich durch die Straße von Bonifacio. Wenn hier der Wind auf West dreht kommst du keinen Zentimeter voran, dann musst du zurück paddeln. Ab und zu blinzelt die Sonne auf die sagenhafte Stadt auf den Klippen.
Gegen 11 Uhr juble ich, weil ich nun sichtbar Bonifacio seitlich hinter mir gelassen habe. In leichtem Bogen paddle ich durch die Bucht von Paraguano auf Kap Feno zu. Nach Kap Feno wird der Südost stärker und so entschließe ich mich zu einer Pause und lande hinter dem Kap an einem winzigen hübschen Strand an. Hier herrscht wunderbare Ruhe und es ist, als sei die Zeit stehen geblieben.
14 Uhr breche ich wieder auf. Die See ist stürmischer geworden die Wellen gefährlich hoch. Auf das Fotografieren muss ich verzichten. In der Bucht von Stagnolu bläst mir ein Nordost mit mindestens 4 Windstärmen entgegen. Die See kabbelt. In der Bucht von Figari wird es gefährlich. Ich muss mit aller Kraft gegen einen Nordnordostwind anpaddeln. Die Wellen kommen von der Seite und versuchen das Boot zu kippen. So versuche ich, sie durch blitzartige Manöver schräg von der Seite zu nehmen. Das kostet Kraft. Unwillkürlich treibt es mich weiter auf das Meer hinaus. Doch am Kap Chapineru habe ich den Wind wieder im Rücken und nun paddle ich zielstrebig in die Bucht von Chevanu und steuere nördlich einen kleinen Sandstrand an. Wieder muss ich gegen Wind und Wellen anpaddeln und als ich gegen 17 Uhr den Strand erreiche, bin ich heilfroh dem Inferno entronnen zu sein..
Ich muss gestehen, dass ich einerseits jubele die Straße von Bonifacio geschafft zu haben, andererseits beschleicht mich eine Ahnung was mich an der Westküste noch erwarten könnte. |
15. Paddeltag 12 km
Mittwoch 21.5 Bucht von Chevanu – Bucht von Roccapina
Kurz nach 6 Uhr aufgestanden und sofort flott gepackt, damit ich die morgentliche Ruhe wenigstens ein zwei Stunden ausnutzen kann.
8 Uhr lege ich bei Windstärke 3 aus Nordost ab. Bilder kann ich nicht mehr machen, denn je mehr ich aus der Bucht Chevanu komme, desto stärker wird der Wind und am Kap muss ich höllisch aufpassen, weil die See zwischen den Bruzzi Inseln gefährlich hoch brodelt.
Nun wird das Meer um mich herum weiß und gewaltige Brecher rollen von hinten auf mein Boot zu. Ich denke es sind 5 Windstärken. Ich bin hoch konzentriert und versuche, soviel Fahrt wie möglich aufzunehmen, aber immer wieder versuchen die Brecher mein Boot quer zu schlagen. Hinter dem Turm von Olmeto versuche ich nur noch, eine Landestelle zu finden. Erst an der Bucht von Roccapina gelingt es mir, aus der Höllensee heraus zu kommen und ruhigeres Wasser zu erreichen. Total geschafft aber unendlich froh, dem Inferno wieder entronnen zu sein, paddle ich auf den weißen Strand zu.
Wie betäubt setze ich meinen Fßs an den Strand, weil natürlich der Seegang noch in mir steckt und der Boden gewaltig schwankt. Letztlich verziehe ich mich in das Osteck der Bucht und weil es noch nicht einmal Mittag ist, mache ich nicht anderes, als mich in den Sand zu setzen und auszuruhen und die Schönheit der Bucht zu genießen.
An dem Strand entfaltet sich das Leben. Badegäste kommen. Paddler schleppen ihre Boote an den Strand. Es ist eine ganze Schule, die hier im Einerkajak das Paddeln übt. Die bunten Boote schweben malerisch im Wasser der blauen Bucht. Fast hätte ich Lust mitzumachen.
Gegen 2 Uhr habe ich mich gut erholt und beschließe auf den Berg von Murtoli zu steigen, um mir den Turm anzuschauen. Der Aufstieg im Busch ist harmlos. Aber je höher ich komme, desto steifer wird der Wind, bis ich den Anstieg auf den Gipfel aufgeben muss, weil es auf dem Joch so stark bläst, dass ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Ich schieße einige Fotos auch vom Rocapina Strand und steige wieder ab.
An meinem Boot hat sich eine Gruppe von 4 Männern angesammelt, die scheinbar fachmännisch mein Kajak begutachten. Erst beobachte ich sie, dann gebe ich mich zuerkennen. Wie üblich fragen sie mich nach dem Woher und Wohin. Der in der Paddeljacke mit den roten Armen verkündete voller Überzeugung, dass er nächstes Jahr in den Ruhestand kommt und dann wolle er auch um Korsika paddeln. Als er von meinem Alter hört, klopft sich mehrfach auf die Schenkel und sagt voller Begeisterung: „Das ist ja großartig. Sie sind jetzt mein Vorbild. Ich werde Ihnen nachstreben!" Ja, solche Begegnungen gibt es auch.
Gegen 18 Uhr leert sich die Bucht. Ich suche mir eine windstille Ecke und koche mir eine Kartoffelsuppe. Erst als alle verschwunden sind, baue ich unter dem großen Strandbaum mein Zelt auf. Spät am Abend dreht noch einmal der Wind und weht feinen Sandstaub durch mein Mückengitter. Ich muss alles dicht machen, um die Sandschleier im Zelt zu unterbinden. Aber zur Nacht wird es dann wirklich ruhig und jetzt hocke ich mich noch einmal an den Strand und beobachte den funkelnden Sternenhimmel. Dabei scheint der weiße Strand zu leuchten. Ich bin fasziniert. |
16. Paddeltag 32 km
Donnerstag 22.5. Bucht von Roccapina – Plage von Campomoro
Es hat mich nicht gehalten in der Roccapina Bucht. Trotz Windstärke 3 wage ich mich 7 Uhr morgens hinaus auf die See. Aber am Kap Murtoli packen mich gleich 4 Windstärken von hinten. Wieder musste ich höllisch aufpassen, aber ich gewöhne mich daran und genieße es irgendwie trotz aller Gefahr so schnell voran zukommen.
Kurz vor dem Zivia Kap flaut der Wind etwas ab. Im Golf von Tizzano wird es noch ruhiger. Ich habe vor, hier zu frühstücken und freue mich schon unbändig auf eine heiße Tasse Kaffee. Außerdem hoffe ich, in Tizziano einen Laden zu finden, um mal wieder etwas Frisches einzukaufen.
Vor einem Hotel in Tizzano frage ich einen Mann nach einem Laden. Er sagt, es würde wohl noch alles geschlossen sein, aber ich solle noch mal vorbei kommen, wenn ich nichts finde.
Auf dem Rückweg überholt mich der Mann mit schnellem Schritt und ladet mich zum Frühstück ein. Ich verstehe erst nicht, aber dann stellt er sich als Besitzer des Hotels vor und führt mich in einen schönen Raum mit Seesicht, wo er mich mit einer Geste auffordere, am Frühstücksbuffet zu zugreifen . Ich sehe Kaffee, Orangensaft, Baguette, Butter, Wurst, Schinken und vieles mehr was das Herz begehrt. Zufällig sitzt ein älterer Herr in meiner Nähe, der sich dafür interessiert, wie ich hierher gekommen sei. Ich komme gut ins Gespräch mit ihm. Er lobt sogar mein Französisch. Nur eine Höflichkeit, denke ich, die mich aber motiviert, mich weiter um das Französische zu bemühen. Als ich zahlen möchte, winkt der Hotelbesitzer ab und fordert mich auf, alles mitzunehmen, was noch auf den Tellern liegt. Außerdem gibt er mir noch zwei Flaschen Mineralwasser mit. Ich bin gerührt und danke ihm für seine Generosität.
Am Strand kommt ein starker Wind auf und verhindert, dass ich weiter fahren kann. Aber als er kurze Zeit später wieder abflaut, zögere ich nicht und paddele weiter Richtung Kap Senetosa. Kurz vor diesem Kap lege ich noch eine kleine Pause ein. Die See beruhigt sich und mir erwächst wieder neuer Mut.
14.30 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Camprodon. 3 Stunden lang paddele ich unermüdlich an Felsenküsten und Kaps entlang. Mit jeder Stunde ist der Wind schwächer geworden, bis er dann abends ganz abflaut. So komme ich bei bedecktem Himmel und ruhiger See gegen 18 Uhr nach Camprodon.
Am Strand lerne ich noch eine nette französische Familie und Jean kennen. Jean erzählt mir, er habe auf See Bilder von mir gemacht und würde mir diese gern zukommen lassen.
Im Laufe des Abends siedele ich noch in der Dämmerung an den Oststrand um. Dort baue ich mein Zelt auf. Aus einer nahen Quelle fülle ich frisches Wasser ab. Ich muss sagen, dass ich eine Quelle am Strand noch nie erlebt habe. Es ist eine herrlich ruhige Nacht.
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17. Paddeltag 36 km
Freitag 23.5 Plage von Campomoro – Plage de Portigliolo
Nachts hat es geregnet. Heute Morgen blinzelt die Sonne auf den Strand, aber das Zelt trocknet so schnell nicht und das Packen dauert länger. Ein alter Herr, der schon sportlich früh auf den Beinen ist, fragt mich neugierig wohin es gehen solle. Als ich Propriano sage, rät er mir ab, denn da sei der Strand sehr steil. Ich weiß wie gefährlich Brandung sein kann, wenn der Strand steil ansteigt und so entschließe mich, Propriano nicht anzusteuern.
Kurz nach 8 Uhr lege ich ab und paddle erst mal zu Jeans Katamaran. Er hatte mich schon erwartet und schießt sofort einige Bilder von mir im Boot.
Ich rufe ihm noch zu er möge mir unbedingt die Bilder zukommen lassen und Jean verspricht es. Hier sein Ergebnis.
Wir winken uns herzlich zu und ich nehme Fahrt auf und steuere auf die Küste des Kaps von Porto Pollo zu. Ca. 12 km liegen vor mir und ich könnte auch ganz beruhigt paddeln, wenn ich nicht ständig in der Sorge wäre, es könne ein starker Westwind aufkommen, der mich dann in die Bucht zurücktreiben würde. Anlass zu der Sorge ist eine langgezogene Dünung von West, die der Ausläufer eines weiter im Westen liegenden Gebietes von Starkwind ist.
Nach 3 Stunden Paddelei bin ich dem Ufer so nahe, dass ich nach einer Raststelle suche. Es muss nicht unbedingt ein großer Sandstrand sein. Trotz geringer Ansprüche finde ich erst in der Bucht von Orzu eine Gelegenheit anzulanden. Ein hübscher roter Sandstrand, der von der Sonne richtig durchglüht wird. Schnell breite ich alle Sachen zum Trocknen aus und lege mich dann in eine kleine schattige Ecke. Ich bin allein und genieße die himmlische Ruhe. Mittags esse ich Brötchen Schinken und Wurst, die mir der freundliche Hotelbesitzer geschenkt hatte. Wieder einmal kann ich mich von einer Bucht schlecht lösen und breche erst gegen 15 Uhr wieder auf.
Das Wetter hat sich insgesamt beruhigt mit mildem Sonnenschein und leichtem Südwestwind. Nun paddle ich auf ruhiger See von einem Kap zum anderen. Es wird 19.30 Uhr als ich an einem schmalen Strand in Nähe einer kleinen Stadt anlege. Wo ich genau bin weiß ich nicht, denke es ist Portigliolu.
Kaum habe ich mein Boot den Strand hinauf gezogen, da spüre ich den Hunger und die Müdigkeit. Ich beginne zu frieren und merke, dass ich jetzt unbedingt Ruhe brauche. Ohne darauf zu achten, ob es hier schicklich ist oder nicht, baue ich mein Zelt auf.
Zu einer warmen Mahlzeit bin ich nicht mehr fähig und esse Brot und Käse. Ich sitze noch lange auf meinem Stuhl und genieße die Ruhe, die sternenklare Nacht und die Lichterkette an der Küste von Ajaccio, bis ich mich dann schlafen lege. (Ich rufe meinen Freund Horst an, der Im Augenblick mit Ilona seiner Frau Urlaub in Korsika macht. Vielleicht können wir uns am
Sonntag in Ajaccio sehen. ) |
18. Paddeltag 12 km
Sonnabend 24.5. Plage de Portigliolo – Ajaccio,
Beach Camping Barbicoja
Als ich heute Morgen aufwache, fühle ich mich erstaunlich wohl und habe das Gefühl, die Anstrengung von gestern überwunden zu haben. Es ist großartig. Ajaccio liegt in der Morgensonne und ich freue mich schon, diese Stadt, die eng mit dem Namen Bonaparte verbunden ist, kennenzulernen.
Ich habe schon fast alles im Boot verpackt und genieße die morgendliche Frische und Ruhe, als zwei Taucher kommen und sich auf ihren Tauchgang vorbereiteten.
Sie sind neugierig und lassen sich das Boot erklären, klären mich andererseits auch über ihre Ausrüstung auf. Mit ihrem Schnorchel und ihren Motoren sind sie auf der Jagd mit der Harpune. Auf meine Frage nach einem Campingplatz in Ajaccio zeigen sie mir die genaue Richtung, in die ich paddeln müsste. Damit ist mir sehr geholfen und ich bereite mich innerlich darauf vor 12 km quer über die Bucht von Ajaccio zu paddeln.
9 Uhr paddle ich bei leisem Wind und leicht bewegter See los. Diesmal befürchte ich keinen entscheidenden Wetterwechsel. Mittlerweile habe ich an mir festgestellt, dass eine zu ruhige See mich einschläfert und müde macht. Und so ist es auch jetzt. Ich bummle, trödle, fotografiere Ajaccio bis plötzlich gegen 11 Uhr ein unangenehmer Südwestwind aufkommt, der mich sofort vom Kurs drückt. Nun muss ich wieder arbeiten, die Kursdrift ausgleichen und mich zuletzt bei 3 Windstärken tief über das Boot beugen, um dem Wind wenig Widerstand zu bieten.
Nach 3 ¼ Stunden lege ich am Strand in der Nähe vom Hotel La Pineda an. Von hier aus führt eine Straße bergauf zu dem 500 m entfernten Campingplatz Barbicoja. Ich strecke mich auf dem Sand aus, ziehe den Hut über das Gesicht und schlafe ein.
Um die Mittagszeit mache ich mich auf den Weg zum Campingplatz, denn hier an dem kleinen Strand kann ich nicht zelten. Leider kann mir der Campingwart nicht helfen mein Boot zu holen. Ein Super Marché sei Richtung Ajaccio, 2 km links.
Ich latsche sofort hin, kaufe Obst, Bier, Sülze und Salat, die ich in einer Einkaufstasche verstaue und trinke in dem Bistro nebenan noch einen Kaffee. Papiere, Geld, Autoschlüssel und GPS habe ich in einem wasserdichten Beutel, den ich auch in die Tasche lege. Auf dem Rückweg herrscht eine unerträgliche Hitze. Um mich ein wenig auszuruhen, setze ich mich an einer Haltestelle auf eine Bank, die Tasche fest umschlossen neben mir. Ein großer junger Mann mit korsischer Stirnbinde stellt sich neben mich. Bestimmt wartet er auf den Bus. Plötzlich rennt der junge Mann Richtung Stadt davon. Ich schaue ihm hinterher und wundere mich, warum er so verbissen rennt. Instinktiv schaue ich in meine Einkaufstasche und sehe sofort, mein wasserdichter Beutel ist weg. Eiskalter Schrecken! Ich versuche sofort mit aller Kraft hinterher zu rennen. Vergeblich, ich sehe ihn nicht mehr. und nach einem Kilometer bin ich erschöpft. Das sieht ein alter Mann und spricht mich an, da sei einer eben vorbei gerannt mit einem grünen Beutel in der Hand. „Ja, das ist er, er hat mich gerade bestohlen.“
Ich war verzweifelt. Mit einem Schlag hatte ich Geld, Scheckkarten, Ausweis, Führerschein und die Fahrzeugpapiere verloren. Aber das Handy habe ich in der Hemdtasche und so rufe ich umgehend in Deutschland an, um die Scheckkarten sperren zu lassen. Das klappt. Den alten Mann bitte ich, mich zum zentralen Polizeiposten in Ajaccio zu bringen. Er hat einen kleinen Motorroller und kurvt mit mir auf dem Rücksitz im dicken Verkehr zur Gendarmeriezentrale, einem riesigen Gebäude in der Innenstadt. Erst will man in der Sache gar nichts machen, aber als ich darauf bestehe, muss ich 3 Stunden warten, bis eine Polizistin meinen Fall aufnimmt. Gegen 22 Uhr ist die Prozedur beendet und ein Streifenwagen bringt mich zu meinem Boot.
Ich bin auf das Schlimmste gefasst, auch darauf, dass mein Boot gar nicht mehr hier liegt. Auf dem Weg zur Mauer wird mir fast schlecht. Da sehe ich mein Boot im Mondschein in der Nähe der glitzernden See auf dem Strand liegen. Ich hätte vor Freude fast weinen können. Verabschiedung von den Polizisten, die nicht schlecht staunen. Als ich die Treppen zum Strand hinunter ging, sehe ich dort eine große Gruppe Angler. Ich setze mich auf einen Stein neben das Boot, hole ein Bier aus meiner Einkaufstüte und trinke, quasi als Abendbrot. Die Angler bemerken mich und schicken einen Buben, der mich fragen soll, was ich hier mache. Ich erzähle mein Schicksal und dass ich nun nichts anderes mehr besäße als mein Boot und von dem würde ich die ganze Nacht nicht mehr von der Stelle weichen. Er versteht und erzählt es seiner Familie. Ich aber schlafe auf dem Strand an den Stein gelehnt neben meinem Boot ein und als ich weit nach Mitternacht aufwache, sind die Angler verschwunden.
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